Die Performance eines Unternehmens lässt sich anhand quantitativer sowie qualitativer Kriterien bewerten. Für erstere gibt es viele etablierte Kennzahlen, wohingegen die qualitativen Aspekte oft ungleich schwieriger zu erfassen sind. Die Bewertung der Qualität des Managements mit all ihren Nuancen ist ein gutes Beispiel dafür. Im Allgemeinen suchen wir nach Unternehmen, bei denen der Grossteil ihres Werts aus den Fundamentaldaten resultiert. Dennoch wäre es zu simpel, die Bedeutung des Managements ausser Acht zu lassen. Schliesslich braucht selbst das seetüchtigste Schiff einen guten Kapitän.
Einer der Gründe, weshalb die Beurteilung der Kompetenz des Managements so schwierig sein kann, liegt darin, dass nicht alle Unternehmen die gleichen Fähigkeiten von ihrem CEO verlangen. Ausserdem kann in ein und demselben Unternehmen in einer
Situation ein bestimmter Typ von CEO gefragt sein, unter anderen Umständen aber ein ganz anderer. Es gibt viele Aufgabenbereiche, für die ein CEO die Verantwortung trägt, beispielsweise die Initiierung und Wahrung der richtigen Unternehmenskultur, die Erarbeitung und Umsetzung von Strategien und die Verwendung der erwirtschafteten Mittel, damit das Unternehmen sein Geschäft weiter ausbauen und seine Wettbewerbsposition verbessern kann. Die wichtigste Aufgabe eines CEO ist jedoch die langfristige Wertschöpfung für die Aktionäre.
In der Hinsicht obliegt es dem Vorstand sicherzustellen, dass die Interessen der Aktionäre glasklar mit denen des CEO übereinstimmen. Es ist seine Aufgabe, einen Rahmen zu etablieren, welcher der Schaffung von langfristigem Wert förderlich ist.
Seltsamerweise liegt jedoch bei den meisten Vergütungssystemen der Fokus auf dem kurzfristigen Erfolg. Dies führt dazu, dass CEOs Entscheidungen treffen, die darauf abstellen, wie der aktuelle Aktienkurs reagieren wird, statt solche, die echten langfristigen Wert generieren. Häufig wirken sich diese kurzfristig ausgerichteten Entscheidungen negativ auf die Zukunft des Unternehmens aus. Ein deutliches Beispiel dafür gab es vor einigen Jahren, als mehrere Unternehmen der Basiskonsumgüterindustrie begannen, ihre Ausgaben für Werbung und Verkaufsförderung zurückzufahren, um ihre Rentabilitätsprognosen zu erfüllen. Dadurch gelang es den Unternehmen zwar, ihre Prognosen erfolgreich einzuhalten, worauf die Aktienkurse stiegen. Und die CEOs erhielten daraufhin ihre Vergütung, hatten sie doch ihre Rentabilitätsziele erreicht. Das Problem bestand indes darin, dass die ergriffenen Massnahmen mit negativen Begleiterscheinungen verbunden waren, denn sie führten zu Umsatzrückgängen. Die Umsatzerlöse von Konsumgüterproduzenten hängen in hohem Masse von der jeweiligen Marke sowie den Werbeaktivitäten und den Werbeausgaben
für diese Marke ab.
Statt dieses kurzsichtigen Ansatzes sollte ein Vorstand Vergütungspakete mit Anreizen und Vertragsstrukturen ausstatten, die an langfristige Fundamentaldaten gebunden und mit einem empfindlichen finanziellen Risiko behaftet sind, falls die langfristigen Ziele
nicht erreicht werden. Idealerweise sollten alle betreffenden Mitarbeiter dadurch, dass ein wesentlicher Teil ihres persönlichen Vermögens in Form von Aktien des Unternehmens erfolgt, Einiges zu verlieren haben. So kann der Eingehung übermässiger
Risiken – wofür eher eine Anfälligkeit besteht, wenn der CEO fremdes Kapital einsetzt – vorgebeugt werden.
Wie viele von Ihnen bereits wissen, leitet sich der Wert eines Unternehmens, vereinfacht gesagt, aus seinen künftigen Cashflows ab. Daher kommt deren Maximierung zentrale Bedeutung für die langfristige Wertschöpfung zu. Die Cashflow-Entwicklung wird hauptsächlich durch drei Faktoren beeinflusst: das Umsatzwachstum, die Rentabilität und die Vermögenseffizienz, d. h. wie viele Ressourcen das Unternehmen benötigt, um dieses Cashflow-Niveau zu erzielen. Folglich sollte die Vergütung des Top-managements eng an die Verbesserung dieser drei Cashflow-Treiber geknüpft sein. Denn die Entscheidungsfindung von Menschen wird von persönlichen Interessen geleitet, bei denen der finanzielle Vorteil in der Regel mit zu den obersten Prioritäten zählt. Wichtig ist auch, dass die Vergütung so strukturiert ist, dass das Management diese Ziele auf die richtige Weise erreicht.
Sehen wir uns anhand eines einfachen Beispiels an, was passiert, wenn das Vergütungspaket die falschen Akzente setzt. Nehmen wir den Fall eines CEO, der kurz vor der Pensionierung steht und dessen Vergütung in hohem Masse auf dem Nettogewinn basiert. Für ihn gibt es zwei einfache Möglichkeiten, den Nettogewinn vor seiner Pensionierung zu steigern: Er könnte einige der attraktivsten Vermögenswerte des Unternehmens verkaufen, um den Reingewinn zu erhöhen, oder aber einen grossen Mitbewerber übernehmen, im Zuge dessen mehr Schulden aufnehmen und so die Bilanz des Unternehmens erheblich aufbessern. Das letztgenannte Vorgehen mag angesichts des derzeitigen Zinsniveaus besonders verlockend sein. Kurzfristig ist es sehr wahrscheinlich, dass er mit beiden Massnahmen die beabsichtigte Nettogewinnsteigerung erreicht. Die erste Massnahme würde jedoch das künftige Gewinnwachstum beeinträchtigen, die zweite den Gewinn durch den Einsatz von erheblich mehr Ressourcen steigern; ausserdem würde sie sowohl das Durchführungs- als auch das Konkursrisiko erhöhen. Nichtsdestotrotz würden in beiden
Fällen Nettogewinn und Gesamtvergütung des CEO höher ausfallen. Der CEO geht in den sorgenfreien Ruhestand, für ihn ist die Geschichte zu Ende. Der langfristig orientierte Aktionär hingegen bleibt in beiden Fällen mit einem fundamental schlechter aufgestellten Unternehmen zurück.
Die richtige Struktur zu finden, ist eine komplizierte Angelegenheit. Für jedes Unternehmen können leicht unterschiedliche Vergütungsregelungen erforderlich sein. Es gibt jedoch einige Grundprinzipien, die man befolgen kann, um die richtige Art von
Strategie und Verhalten zu fördern. Ein gutes Vergütungspaket sollte ein ausgewogenes Verhältnis zwischen fester und variabler Vergütung sowie kurz-, mittel- und langfristige Vergütungselemente aufweisen. Das Grundgehalt und die kurzfristigen Vergütungsbestandteile (Short Term Incentive Performance Units, STIPS) sollten in bar ausgezahlt werden, damit das Team die kurzfristigen Aspekte nicht gänzlich aus den Augen verliert. Die bei weitem grösste potenzielle Komponente sollte jedoch in Form von langfristigen Vergütungsbestandteilen (Long Term Incentive Performance Units, LTIPS) zuerkannt werden. Dieser Teil sollte in Abhängigkeit von der langfristigen Entwicklung des Unternehmens variieren und langfristige Erdienungs- und Sperrfristen (drei bis fünf Jahre) aufweisen. Dies bedeutet, dass der Markt und das neue Managementteam auch nach dem Ausscheiden des CEO noch ausreichend Zeit haben, um festzustellen, ob tatsächlich eine echte Wertschöpfung stattgefunden hat oder ob versucht wurde, den
Aktienkurs auf unangemessene Weise in die Höhe zu treiben.
Ein Unternehmen muss nicht nur für Ausgewogenheit sorgen, sondern auch dafür, dass die Höhe der Vergütung fair ist. Auch hier ist die Festlegung nicht einfach, aber umso wichtiger. Ein zu niedriges Vergütungsniveau wird nicht die richtigen Persönlichkeiten anziehen. Ist das Niveau zu hoch, schmälert das Unternehmen unnötigerweise den Cashflow, während zugleich potenziell Unzufriedenheit bei den Mitarbeitern und sogar Anreize für riskante Strategien vermittelt werden. Unternehmen stehen zahlreiche
Instrumente für das Benchmarking von Vergütungen zur Verfügung. Häufig wird die Vergütung mit der durchschnittlichen Entlohnung von Gehaltsempfängern oder mit der von Unternehmen ähnlicher Grösse verglichen, die in derselben Branche oder Region tätig sind. Dies ist ein guter erster Schritt, berücksichtigt aber nicht die Leistung des Managementteams. Es ist kaum fair, einen CEO mit dem Durchschnitt zu vergüten, wenn er deutlich mehr geleistet hat als seine Konkurrenten.
Wir meinen, Unternehmen sollten auch den geschaffenen Wert in die Entscheidung über die endgültige Vergütung des CEO einbeziehen. Das gilt natürlich in beide Richtungen. Wenn ein durchschnittlicher Mitarbeiter seine Aufgaben nicht erfüllt, wird sein Vertrag gekündigt. CEOs hingegen verlieren selten Teile ihrer Vergütung, selbst wenn die Aktionäre grosse Verluste erleiden. Es gilt, einen Mechanismus einzubauen, um dies zu vermeiden, beispielsweise indem anstelle der relativen die absolute Gesamtrendite für
die Aktionäre (Total Shareholder Return, TSR) zugrunde gelegt wird. Bei der absoluten TSR als Massstab führt ein deutlicher Rückgang des Aktienkurses zu einer geringeren Vergütung mit der Folge, dass das Vermögen des CEO sich entsprechend dem der
Aktionäre entwickelt.
Und die letzte Herausforderung besteht darin, sicherzustellen, dass der Grad der Wertsteigerung korrekt erfasst wird. Daher sollten die Ziele klar definiert und messbar sein sowie dem Reifegrad und der Art des Unternehmens entsprechen. In der Anfangsphase ihres Lebenszykluses tun Unternehmen gut daran, ihre Kennzahlen und Leistungsindikatoren (Key Performance Indicators, KPIs) auf Wachstumsmaximierung auszurichten. Mit zunehmender Grösse und dem Eintritt in die späteren Phasen ihres Lebenszyklus sollten sie den Schwerpunkt schrittweise auf Rentabilität und betriebliche Effizienz verlagern. Unserer Auffassung nach ist es deshalb am sinnvollsten, die Tätigkeit des Managements teils auf Basis der absoluten TSR und teils auf Basis der
Gesamtkapitalrendite (ROIC1) zu vergüten. Spielen dabei auch Wachstumsvorgaben eine Rolle, sollten diese auf organisches Umsatzwachstum ausgerichtet sein. Für uns macht es keinen Sinn, die Vergütung eines CEO ausschliesslich den Nettogewinn oder
den Gewinn je Aktie abzustellen – diese Messgrössen beinhalten keine Kennzahlen für die betriebliche Effizienz, sind leichter zu manipulieren und zurechtzubiegen und verleiten oft zu übermässiger Risikobereitschaft oder Überinvestitionen, was zu einer erheblichen Wertvernichtung führen kann.
Wir sind nicht gegen hohe Vergütungspakete – wenn sie mit entsprechender Wertsteigerung und klar definierten und messbaren Kennzahlen einhergehen. Der Eckpfeiler unserer Philosophie ist, dass auf lange Sicht die Erträge die Aktienkurse bestimmen. Gelingt es einem CEO, während seiner Amtszeit die Gewinne kontinuierlich zu steigern, sollte sich dies unter der vorstehenden Prämisse in einer ähnlichen Grössenordnung im Aktienkurs des Unternehmens widerspiegeln. Und dann ist eine „Gewinnaufteilung“ zwischen dem Unternehmen und der für die Erarbeitung und Umsetzung der Strategie verantwortlichen Person mehr als begrüssenswert, kommt sie doch letztendlich sowohl den Aktionären als auch dem CEO zugute.
Manchmal kann es schwierig sein, die Qualität des Managements zu beurteilen. Aber durch den richtigen Rahmen und die Angleichung der Interessen können die Aktionäre die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass ihr oberstes Ziel, die langfristige Wertschöpfung, tatsächlich erreicht wird. Es geht letztlich darum sicherzustellen, dass das Schiff der Investoren mit der neuesten Technik und den richtigen Navigationshilfen ausgestattet ist, damit der Kapitän direkt und sicher ans Ziel steuern kann.
F. León,
30. November 2021
1Die ROIC wird berechnet als der operative Nettogewinn nach Steuern (Net Operating Profit after Tax, NOPAT) dividiert durch das investierte Kapital. Sie gibt an, wie viel Gewinn ein Unternehmen gemessen an der Höhe der investierten Ressourcen oder Vermögenswerte erwirtschaftet und wie effizient das Unternehmen somit bei der Verwendung der liquiden Mittel ist.
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